Aus Potsdamer Neueste Nachrichten | 02.02.2004

Gegen Pläne für Potsdamer Netzverknüpfung gründet sich in Geltow jetzt ein Verein

Von Henry Klix

Schwielowsee-Geltow. Peter Joseph Lenné war 1840 gegen die Kaiserbahn und er wäre wohl auch gegen die Berliner Umgehungsstrecke gewesen, die in den 1950er Jahren als Bogen um West-Berlin gebaut wurde. „Und jetzt will man diese Bausünden auch noch zementieren“, entrüstete man sich am Freitagabend bei einer Versammlung in Wildpark-West. Genau an diesen beiden Bahnstrecken entlang soll die Potsdamer Netzverknüfung durch den Wildpark geführt werden, wurde im knallvollen Saal des Bürgerclubs moniert. Die etwa 150 Teilnehmer waren sich einig, entschieden gegen die Pläne für eine südwestliche Potsdamer Ortsumgehung einzutreten, die die Nuthestraße vom Bahnhof Drewitz aus mit der B2, der B1 und der A10 verbinden soll. Dabei soll die Entlastungsstraße – immer entlang der Bahngleise – die Ravensberge, den Templiner See, den Wildpark und den Zernsee kreuzen.

Mit einer neuen Initiative will man nicht nur deutlich machen, dass sich die Bewohner Wildpark-Wests durch Krach und Abgase gestört fühlen würden. Vielmehr werde der gesamte Wildpark als Teil der Potsdamer Kulturlandschaft mit einer solchen Straße unwiderbringlich zerschnitten und zerstört, betonte Dr. Peter Kunz als einer der Referenten der Versammlung. „Wir Wildparker sollten gegenüber Behörden, Verbänden und Verkehrstechnokraten Anwälte für den Wildpark werden“, wurde ihm beigepflichtet.

Nachdem der Widerstand gegen die Ortsumgehung Michendorf und die Ortsumgehung Drewitz erfolglos blieb, will man es in Geltow dazu mit einer neuen Organisationsform versuchen: Statt sich, wie in der Vergangenheit, mit einer lose verbundenen Bürgerinitiative gegen das im jüngsten Bundesverkehrswegeplan verankerte Vorhaben zu wenden, wird man einen Verein gründen. Bis auf ein paar Krötetunnel hätten die Bürgerinitiativen nichts erreicht, bestätigte Nabu-Kreisverbandschef Wolfgang Ewert. Ziel des neuen Vereins solle es sein, die Eröffnung eines Planfestellungsverfahrens, mit dem Baurecht für die Umgehung zu erlangen wäre, zu verhindern. Die Zweifel sollen schon innerhalb früherer Planungsphasen gesät werden, ob der Bedarf im Verhältnis zum Grad der Zerstörung steht. „Die Halbinsel Potsdam ist einer solchen Straßenbaumaßnahme schlicht nicht zugänglich“, betonte Peter Kunz.

Die Widerständler waren sich einig, dass man mit einem eingetragenen Verein besser wahrgenommen wird, mehr politische Einflussmöglickeiten und nicht zuletzt einen längeren Atem hat. Das Vorhaben soll schließlich erst innerhalb der nächsten elf Jahren umgesetzt werden. Zudem eröffne die Vereinsmitgliedschaft die Möglichkeit, den Protest zu dokumentieren und ihm eine finanzielle Basis zu geben, hieß es. Da an der Spitze mehrere Rechtsanwälte stehen, wird die Gründung wohl nicht lange auf sich warten lassen: Noch gestern Abend wollte man einen Satzungsentwurf zusammen basteln. Fest steht bereits, dass der Verein „Wildpark e.V.“ heißen wird. Damit will man auch betroffene Anwohner aus Potsdam-West und andere Interessenträger ansprechen. Auch einige betroffene Werderaner, darunter von der Bootswerft Rietz, kündigten am Freitag an, mitzumachen. Ausgegangen war die Protestrunde von den Geltower Familien Rosenkranz, Schmieszek und Goerrissen. Dr. Bernd Rosenkranz wird vorerst weiter die Aktivitäten bündeln. Kritisch wurde gefragt, wie sich die Kommunalpolitiker in Schwielowsee dem Problem stellen würden, nachdem Werders Bürgermeister Werner Große das Projekt befürwortet hat?

Einmal mehr wurde die Befürchtung, laut, dass über die Netzverknüfung eine Umlenkung des Autobahnverkehrs auf die Straße erfolge. Auch die Belastungen für die Forststraße, Am Neuen Palais und die Amundsenstraße – und damit im unmittelbaren Bereich der Potsdamer Parklandschaft – würde steigen, wenn die B2 mit der B1 am westlichen Stadtausgang verknüpft ist. Nabu-Mann Wolfgang Ewert ergänzte, dass in den Ravensbergen mit dem Moosfenn eines der ältesten deutschen Naturschutzgebiete tangiert würde. Die beiden betroffenen Havelseen seien Vorgelschutzgebiete von europäischem Rang: Der Templiner See ist im Bereich der Havelquerung Überwinterungsplatz für 22000 Wasservögel. Die komplette Strecke würde sich in Landschaftsschutzgebieten befinden, so auch im Wildpark. Ein Geltower hielt da einen Tunnel für die einzige Alternative zur Nullvariante. Die Zweifel, wie das bei einer 20 Kilometer langen Strecke zu finanzieren wäre, kamen wohl nicht von ungefähr.

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