Aus Potsdamer Neueste Nachrichten | 09.07.2004
CDU, SPD, PDS und Grüne des Landkreises sehen keinen Sinn in der Verknüpfung von B 1 und B2 über den Templiner See
Potsdam-Mittelmark – Nach dem jüngsten Bundestagsbeschluss zum Straßenausbaugesetz formiert sich im Landkreis Potsdam-Mittelmark parteiübergreifender Widerstand gegen die so genannte Havelspange. Mit ihr sollen die Bundesstraßen 1 und 2 entlang der Bahnlinie quer über den Templiner See am Potsdamer Stadtrand verbunden werden. Ebenso wie SPD, Grüne und PDS hat sich jetzt auch die CDU eindeutig gegen dieses Projekt ausgesprochen. Die Havelspange ist als einziger Teil einer als Potsdamer Ortsumgehung gedachten Netzverknüpfung als vordringlicher Bedarf in das Bundesgesetz aufgenommen worden. Für die anderen Abschnitte in Richtung Werder, B 273 und Bergholz-Rehbrücke wird es bis 2015 kein Geld vom Bund geben (PNN berichteten).
„Die Havelspange allein wäre eine Katastrophe für die umliegenden Gemeinden“, sagte CDU-Kreischefin und Landtagskandidatin Saskia Funck gestern gegenüber den PNN. In dieser Frage stehe sie voll und ganz hinter dem Protest der Stadt Werder. Deren 1. Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU) hatte in einer Presseerklärung davor gewarnt, dass der Bau der Havelspange mit Einmündung in der Pirschheide zu einer fatalen Verkehrsbelastung auf der bestehenden B 1 mit den Ortsdurchfahrten Geltow, Werder und Glindow führen würde. Ebenso wie die Stadt Werder plädiert Funck dafür, auf die Havelspange zu verzichten und das Geld besser für den auf Eis gelegten Ausbau der Autobahn zwischen den Anschlussstellen Groß Kreutz und Spandau zu nutzen. „So könnte für Werder und auch für Potsdam eine echte Verkehrsentlastung erreicht werden“, betonte Funck. Über die Havelspange hinaus stellte die CDU-Kreischefin die gesamte Netzverknüpfung in Frage. Vielmehr gehe es darum, komplexe Verkehrslösungen zu suchen, die über den Bau neuer Straßen hinaus gehen. Auf keinen Fall dürfe die Stadt Potsdam ihre Verkehrsprobleme auf Kosten des Umlandes lösen.
Scharf kritisierte Funck jüngste Äußerungen von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD). Er hatte in einem offiziellen Schreiben an Potsdamer Einwohner erklärt, der Bau der Havelspange wäre – so wörtlich – nur ein „Zwischenzustand“, der kurz gehalten werden könnte. Die Straßenbauverwaltung des Landes Brandenburg könnte laut Stolpe bereits jetzt eine gemeinsame Planung für alle Abschnitte der Netzverknüpfung vornehmen. „Damit sollen Fakten geschaffen werden, ohne den Bürgern ein Mitspracherecht zu geben“, so Funck. Zudem sei es unverantwortlich, die Planung für Projekte anzuschieben, deren Finanzierung auch nach 2015 weitgehend ungeklärt ist.
Auch die SPD-Kreischefin und Landtagskandidatin Susanne Melior bekräftigte gestern ihre Zweifel am Sinn der Havelspange und der Netzverknüpfung. „Laut den vorliegenden Prognosen würde der innerstädtische Verkehr in Potsdam dadurch um ganze 7 Prozent entlastet. Dafür lohnt es sich nicht, die vielen offenen Fragen in Kauf zu nehmen“, betonte sie. Vielmehr sei zu befürchten, dass durch die Havelspange zusätzlicher Verkehr in die Region geholt werde. In einem Parteitagsbeschluss hat sich der SPD-Kreisverband Potsdam-Mittelmark bereits eindeutig gegen die Netzverknüpfung ausgesprochen. Melior kündigte an, dass die mittelmärkischen Sozialdemokraten in dieser Frage das Gespräch mit Bundesverkehrsminister Stolpe suchen wollen.
Die Kreisverbände von Bündnis 90/Grüne und PDS hatten sich schon seit Beginn der Diskussion gegen die Havelspange ausgesprochen und für umfassende Lösungen im Zuge eines integrierten Verkehrskonzeptes unter stärkerer Einbeziehung des öffentlichen Personennahverkehrs geworben. Die Kreistagsabgeordnete und Landtagskandidatin der Bündnisgrünen, Elke Seidel, erinnerte daran, dass das Raumordnungsverfahren für die Havelspange 1999 vom Bauministerium auf Eis gelegt wurde. Aus dieser Zeit gebe es umfangreiches Aktenmaterial, das gründlich ausgewertet müsste. „Einige offene Fragen könnten dann sicher schon beantwortet werden“, erklärte Elke Seidel. Die aus Beelitz stammende Politikerin war von 1994 bis 1999 – damals noch für die SPD – Vorsitzende des Umweltausschusses des Brandenburgischen Landtages. Als Bedingung für die Wiederaufnahme des Raumordnungsverfahrens war 1999 die Abstimmung eines integrierten Verkehrskonzeptes von Potsdam und Potsdam-Mittelmark formuliert worden. Damit soll sich jetzt eine gemeinsame Arbeitsgruppe beschäftigen. „Ich hoffe, dass die mittelmärkischen Vertreter von CDU und SPD dort dann auch zur Ablehnung der Havelspange stehen“, erklärte Seidel.
Einzig die mittelmärkische FDP hat sich gedanklich noch nicht von der Havelspange verabschiedet. Die beiden Vertreter der Liberalen im Kreisentwicklungsausschuss, Heiko Hüller und Rolf-Hermann Löhr – beide aus Caputh – hatten jüngst vehement die schnelle Aufnahme des Raumordnungsverfahrens für die Havelspange gefordert. Hans-Peter Goetz, Chef der FDP-Kreistagsfraktion und Landtagskandidat, sagte gestern dazu: „Bisher sind wir davon ausgegangen, dass mit der Havelspange auch die Verlängerung durch den Wildpark nach Werder kommt, um den Verkehr abzuleiten. Wenn jetzt deutlich wird, dass dafür das Geld fehlt, müssen wir unsere Haltung zur Havelspange überdenken.“ Strikt abgelehnt wird von der FDP bereits die Verlängerung der Havelspange von der B 2 durch die Ravensberge nach Rehbrücke.
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